Ganztagsklasse

Seit dem Schuljahr 2007/2008 ist die Grundschule Neißeweg eine offene Ganztagsschule. Geplant für eine Gruppe mit 25 Kindern, gehen im Schuljahr 2022/2023 228 Kinder in den Ganztag des Neißewegs, d.h. mehr als zweidrittel der Schulkinder verbringen ihren Tag an unserer Schule. Es ist also notwendig, die vor- und nachmittäglichen Aktivitäten der Kinder in einen sinnvollen, strukturierten und konzeptionellen Zusammenhang zu bringen.

Die Ganztagsklasse stellt eine gute Möglichkeit dazu dar. Der stark ansteigenden Bedarf an Plätzen im Offenen Ganztag und die doch sehr begrenzten räumlichen Möglichkeiten der Schule, führten zu intensiven Überlegungen die qualitativ gute Betreuungsarbeit auch mit einer größeren Anzahl Kindern beibehalten zu können. Im Frühjahr 2011 hospitierten Schulleitung, OGS-Leitung, Erzieherinnen und Lehrerinnen an Schulen in Detmold und Herford.

In einer gemeinsamen Konferenz wurde daraufhin beschlossen das Projekt gebundene Ganztagsklasse anzugehen. Der erste Versuch für das Schuljahr 2011/2012 scheiterte an nicht ausreichenden Anmeldezahlen für eine Ganztagsklasse. Mit verstärkten Bemühungen, weitreichender Elterninformation und Unterstützung aus der Kusselbergschule in Detmold gelang es schließlich für das Schuljahr 2012/2013 eine Ganztagsklasse an den Start zu bringen.
Während dieses Schuljahres wurden Erfahrungen gesammelt und federführend durch das Klassenleitungsteam und eine im Herbst 2012 installierte Steuergruppe Ganztag, die Vision, Ziele, inhaltliche Standards und ein Raumkonzept entwickelt.

Rhythmisierung des Schultages

In Ganztagsklassen verteilt sich der Unterricht auf den ganzen Tag, d.h. Pflichtunterricht findet sowohl am Vor- als auch am Nachmittag statt. Mit dieser flexiblen Tageseinteilung kann sich der Unterricht besser an die Konzentrationsphasen der Kinder anpassen. Über den Tag hinweg wechseln sich Unterrichtsstunden, AG-Angebote, Ruhe- und Entspannungsphasen, Picknick-Pausen und freie Spielzeiten sinnvoll ab. Ein verlässlicher Stundenplan mit täglich gleichen festen Zeiten gibt den Kindern Sicherheit und hilft, den langen Tag in der Schule zu überblicken und zu strukturieren.

Individuelle Förderung

Hausaufgaben gibt es in einer Ganztagsklasse nicht. Statt Hausaufgaben erhalten die Kinder innerhalb der täglichen Lernzeit Gelegenheit, vertiefende oder ergänzende Übungen zu einzelnen Themen zu bearbeiten. Dies kann in Form von Tages- oder Wochenplänen geschehen.
Da die Lehrerin die Kinder gut kennt und in der Lernzeit begleitet, kann sie den Kindern ihrem Leistungsstand entsprechend Aufgaben geben, d.h. die Kinder bearbeiten unterschiedliche Aufgaben. Einige Kinder brauchen zusätzlich Zeit und Übungen, um Inhalte zu vertiefen und sicher beherrschen zu können. Andere dagegen benötigen zusätzliche herausfordernde Aufgaben, um mit Freude weiter zu lernen. Dies kann in der Lernzeit berücksichtigt werden.
Wir bemühen uns, die Lernzeit täglich mit Klassenlehrerin und Erzieherin doppelt zu besetzen. So haben die Kinder verlässliche Ansprechpartnerinnen bei Fragen oder Unsicherheiten. In kleinen Gruppen oder einzeln können Übungen besprochen oder erklärt werden. Die Lehrerin und Erzieherin können somit die Kinder kontinuierlich auf ihrem Lernweg begleiten.

Stärkung der Sozialkompetenz

In einer Ganztagsklasse erleben die Kinder ihren Tag zum großen Teil in nur einer Bezugsgruppe. Das tägliche Miteinander erstreckt sich nun über das übliche Maß des normalen Unterrichtsvormittages auf verschiedene Ebenen. Durch das gemeinsame Erleben des ganzen Tages mit Lern-, Spiel-, Essens- und Angebotszeiten lernen die Kinder sich gegenseitig immer besser kennen. Sie lernen, miteinander umzugehen, voneinander zu lernen, den anderen zu akzeptieren und Ich-Stärke aufzubauen. Gleichzeitig kann der Zuwachs an gemeinsam verbrachter Zeit auch zu mehr Konflikten führen. In einer Ganztagsklasse gibt es aber ausreichend Zeit, diese aufzugreifen und zu lösen. So lernen die Kinder, mit Streit umzugehen, Konfliktlösungen zu suchen, Kompromisse zu schließen und einzuhalten.

Sinnvolle Freizeitgestaltung

Im Ganztag ist Schule nicht nur Lern- sondern auch besonders Lebensraum für Kinder. So müssen wir neben dem Unterricht Räume schaffen, in denen Kinder ihr Recht auf „Kind-Sein-Dürfen“ ausleben können. Dafür gibt es die im Stundenplan fest verankerten freien Spielzeiten, d.h. Zeiten, die nicht verplant sind, sondern von den Kindern selbst gestaltet und gefüllt werden können. Freie Spielzeiten gibt es vor Unterrichtsbeginn, in der Mittagspause und nach Unterrichtsschluss (nach der 7. bzw. 8. Stunde). Die Kinder können in diesen Zeiten aus einem vielseitigen Angebot wählen, z.B. Bewegung und Spiel auf dem Schulhof, Bastel- oder Spielangebote in den OGS-Räumen, Stille und Entspannung im Leseclub.
Jeden Nachmittag und teilweise auch in der Mittagspause besteht für die Kinder die Möglichkeit, an einer AG teilzunehmen, die von schulischer Seite oder von Seiten des OG angeboten wird. Auch hier ist das Angebot sehr vielfältig: Bewegung (Fußball, Tanz, …), Musik, Kochen und Backen, Kreativwerkstatt, Computer-AG, Holzwerkstatt. In den altersgemischten AG-Gruppen können die Kinder neben ihrer Klasse als feste Bezugsgruppe die anderen Kinder der Schule gut kennenlernen.

Klassenleitungsteam

Ganztagsklassen werden durch ein Team geleitet, das sich aus Klassenlehrerin und Erzieherin zusammensetzt. Das Klassenleitungsteam trifft sich regelmäßig, plant und bespricht den Schulalltag der Klasse. In vielen Unterrichtsstunden ist die Ganztagsklasse mit Lehrerin und Erzieherin doppelt besetzt, besonders in den Fächern Deutsch, Mathematik, Sachunterricht und in der Lernzeit. Daraus ergeben sich zahlreiche Vorteile, sowohl für Kinder, Lehrerin und Erzieherin als auch die Eltern. Die Kinder haben in ihrer Klassenlehrerin und Erzieherin feste und konstante Bezugspersonen, die sie über weite Teile des Schultages begleiten. Die Kinder erleben beide als verlässliche und präsente Ansprechpartnerinnen. Die vom Klassenleitungsteam eingeführten Regeln und Rituale ziehen sich einheitlich durch den Tag und bieten den Kindern somit Sicherheit und Orientierung. Lerninhalte aus den Unterrichtszeiten können in den außerunterrichtlichen Situationen spielerisch aufgegriffen und vertieft werden. Ebenso bereichern Erfahrungen, die die Kinder in den AGs und in den Spielezeiten sammeln, den Unterricht. Das Klassenleitungsteam erlebt die Kinder in unterschiedlichen Situationen des Schultages (im Unterricht, beim Spielen, beim Essen) und kann so die Kinder ganzheitlich kennenlernen. Durch intensiven Austausch über die Kinder können Lehrerin und Erzieherin von diesem guten Blick aufs Kind profitieren und ihre Arbeit mit den Kindern optimieren. Wenn die Eltern ihre Kinder zur Schule bringen oder abholen, ist eine Ansprechpartnerin des Klassenleitungsteams vor Ort – am Nachmittag meist die Erzieherin. Kurze Informationen oder Fragen können auf direktem Wege mitgeteilt oder geklärt werden.

Elternarbeit

Die Ganztagsklassen wollen und können die elterliche Erziehungsarbeit nicht übernehmen oder ersetzen. Vielmehr möchten wir gemeinsam mit den Eltern zum Wohle ihrer Kinder arbeiten. Das kann nur gelingen, wenn Eltern erfahren, was ihre Kinder in der Schule erleben. Regelmäßige Elternabende, Sprechtage, Elternbriefe, Klassenfeste, „Tür- und Angel-Gespräche“ beim Bringen oder Abholen leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Darüber hinaus bietet der Lernbegleiter die Möglichkeit des regelmäßigen Austausches zwischen Schule und Elternhaus. Der Lernbegleiter sammelt die wichtigsten Unterlagen des Lernens und Lebens der Kinder in unserer Schule. Er umfasst drei Teile. Der erste Teil enthält allgemeine Informationen zur Schule und zur Klasse und wird bei Veränderungen (z.B. neuer Stundenplan) von uns auf den aktuellen Stand gebracht. Der zweite Teil ist der „Schülerteil“. Hier wird die Arbeit des Kindes an den Tages-/Wochenplänen dokumentiert, Ergebnisse der Methodentage werden gesammelt, schöne Erlebnisse mit den Paten festgehalten…. . Der dritte Teil ist der „Elternteil“. Hier finden die Eltern eine Übersicht der Ziele für die Fächer Deutsch und Mathematik, die bei Elterngesprächen als Grundlage zur Dokumentation des Lernfortschrittes dient. Weiterhin enthält dieser Teil einen Vordruck für Entschuldigungen und die aktuelle Elternpost. Am Freitag nehmen die Kinder den Lernbegleiter mit nach Hause. Die Eltern entnehmen die Elternpost und unterschreiben die Seite des aktuellen Tages-/Wochenplanes. Der Blick auf die Tages-/Wochenpläne kann für die Eltern eine gute Gelegenheit darstellen, sich mit dem Kind über Arbeitsweisen und Lerninhalte der Woche zu unterhalten und gemeinsam zu schauen, was gut gelaufen ist. Weiterhin ist auf dieser Seite Platz für Mitteilungen, sowohl für das Klassenleitungsteam als auch für die Eltern. So haben beide Seiten Gelegenheit, kurze Hinweise und Anmerkungen zeitnah auszutauschen.